Der Anschlag von Hanau - Differenzierte Aufarbeitung statt Instrumentalisierung Am 19. Februar jährt sich der rassistisch motivierte Anschlag von Hanau zum vierten Mal. In der Berichterstattung zum Jahrestag dominieren der Gedenkaspekt sowie die Verurteilung von Rechtsextremismus und Rassismus. Doch eine ausschließliche Fokussierung auf diese Aspekte greift zu kurz. Für eine angemessene Aufarbeitung bedarf es mehr Differenzierung statt Skandalisierung. Die Opfer verdienen unser Mitgefühl und die Verurteilung rechtsextremer Ideologien ist wichtig. Doch viele Medien betrachten die Tat sehr einseitig als Beleg für angebliches Politikversagen im Kampf gegen rechts. Dabei geraten andere wichtige Faktoren aus dem Blick: Der Täter Tobias R. litt unter schweren psychischen Störungen. Eine Analyse seines Manifests nach Kriterien des Diagnoseschlüssels DSM-IV zeigt eine wahnhafte Störung mit Verfolgungsideen, eine schizotype sowie paranoide und narzisstische Persönlichkeitsstörung. Die krankhaften Wahnvorstellungen und die zunehmende Realitätsferne machen eine dissoziierte, irrationale Tatwahl plausibel. Es ist daher nicht möglich, die Gewalttat allein aus der rechtsextremen Gesinnung des Täters zu erklären. Vielmehr scheinen psychische Krankheit und Verschwörungsglaube entscheidende Faktoren gewesen zu sein. Die Berichterstattung blendet diesen Aspekt weitgehend aus. Damit wird der Komplexität des Falls nicht gerecht. Stattdessen werden schnelle Schuldzuweisungen an "die Rechtsextremisten" erhoben. Solche Pauschalurteile helfen jedoch nicht weiter. Differenzierte Analysen, die neben der Ideologie auch die individuelle Psychopathologie in den Blick nehmen, wären angezeigt. Ebenso eine selbstkritische Debatte über mögliche Fehler bei der Gefahrenerkennung. Der Anschlag sollte nicht instrumentalisiert werden, um politisch Stimmung zu machen. Das Gedenken an die Opfer verträgt sich nicht mit der Verwendung der Tat als Keule in einer aktuellen Debatte. Sachliche Aufklärung, Zusammenhalt der Gesellschaft und Stärkung der psychologischen Versorgung sind der bessere Weg. Nur so können wir aus der Tat die richtigen Lehren ziehen.