Delegitimierung des Souveräns: Die ist allerorten zu beobachten.
Das, was heute als "Delegitimierung des Staates" beschworen und bekämpft wird, ist nicht neu. Früher hieß das "sich Luft machen" oder "Stammtischrede" oder "Kritik" oder "Satire". Nur weil jemand Politiker ins Land, wo der Pfeffer wächst, gewünscht hat, war er noch nicht kurz vor dem Knast.
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Nein, nichts Neues an dieser Front - außer einer Hypersensibilität der Kritisierten. Die wollen sich keinem Gegenwind mehr aussetzen. Deshalb werden Skeptiker und Kritiker als Extremisten abgestempelt, die mit ihren Äußerungen immer gleich an den Grundfesten rütteln. Die Demokratie hält ihre Bedingung anscheinend nicht mehr aus: die freie Meinungsäußerung mit all ihrer Kritik und ihrem Unverständnis.
Neu ist hingegen etwas anderes. Und davon lenkt das Kampfbegriff "Delegitimierung des Staates" ab.
Neu ist die wachsende Delegitimierung des Souveräns, d.h. des Auftraggebers aller Politiker.
Der Souverän ist das Volk. So will es die Demokratie. Das Volk sagt an, die Politik interpretiert und führt aus. (Oder so ähnlich ist die Idee.) Der Herr der Regierung ist das Volk - nicht umgekehrt.
Doch genau dieses Volk wird von der Regierung (und den Leitmedien) zusehends delegitimiert. Das bedeutet: Ihm wird seine Autorität abgesprochen. Es fehle also die Legitimation, sich zu äußern oder zu handeln.
Woran ist die Delegitimation des Souveräns zu erkennen?
- Wenn große Wählergruppen als zu dumm zur Wahl der "richtigen" Parteien hingestellt werden, wird ihnen die Legitimation zur Ausübung ihrer Souveränität aberkannt.
- Wenn große Bevölkerungsgruppen als Ratten oder Blinddarm bezeichnet werden, wird ihnen die Legitimation zur Teilhabe am "Volkskörper", also an der souveränen Gemeinschaft aberkannt.
- Wenn große Bevölkerungsgruppen als extrem, gar geschichtsvergessen und faschistisch bezeichnet werden, wird ihnen Realitätssinn und Friedlichkeit abgesprochen, was sie zum Feind des Souveräns macht.
- Wenn große Bevölkerungsteile als anti-demokratisch und ferngesteuert hingestellt werden, wird ihnen das Verständnis für die Verantwortung des Souveräns abgesprochen.
Dieser Kampf gegen das Volk ist neu. Denn es geht nicht um kleine Gruppen, sondern weite Teile der Bevölkerung. Es geht auch nicht um einzelne Begebenheiten, sondern Dauerfeuer.
Ständig und überall verkünden die Lautsprecher Botschaften zur Delegitimierung des Souveräns.
Dem Souverän wird eingeredet, er sei nicht kompetent, sei unmündig, laufe Gefahr alles kaputt zu machen. Ja, am besten sei es, wenn der Souverän einsähe, dass er seine Souveränität aufgebe. Nicht formal - er darf an den Wahlspielen noch teilnehmen -, aber inhaltlich - er solle sich nicht anmaßen, selbst zu entscheiden.
Delegitimierung der Souveräns findet auch überall dort statt, wo er in Abhängigkeit gezwungen oder genudget wird. Denn in Abhängigkeit ist das Denken und Entscheiden nicht mehr frei. Wer auf "Geschenke" angewiesen ist, wird den "Schenkenden" nicht kritisieren.